Neues Unterhaltsrecht 2008

Erstellt von Rechtsanwalt Harro Graf von Luxburg | | Aktuelle Beiträge

Seit 1.1.2008 ist das Gesetz zur Änderung des Unterhalts im Familienrecht in Kraft getreten. Das Gesetz soll den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen Rechnung tragen: eine vermehrte Gründung von Zweitfamilien mit minderjährigen Kindern, steigende Scheidungszahlen, die neue Rollenverteilung der Paare in der Ehe sowie die Berufstätigkeit beider Partner, auch wenn minderjährige Kinder zu betreuen sind.

Zusammen mit dem Gesetz zur Änderung des Unterhalts wurden von der Regierung Maßnahmen beschlossen, die die künftige Betreuung von minderjährigen Kindern gewährleisten und verbessern, bis hin zu einem Ausbau der Kinderkrippen.

 

In der Regel 2 –3 Jahre - ca. höchstens ½ Jahr, ggf. auch mit Herabsetzung, Trennungszeit ist zu berücksichtigen.

Das Gesetz hat zwei Schwerpunkte:

a) Kindesunterhalt und Betreuungsunterhalt:

Das Kindeswohl tritt an erste Stelle durch die Neuordnung der Rangfolge der minderjährigen und gleichgestellten Kinder und die Besserstellung kinderbetreuender verheirateter und nicht verheirateter Elternteile.

b) Ehegattenunterhalt:

Die Stärkung der Eigenverantwortung nach der Scheidung (§ 1569 BGB) wird zum Leitprinzip erho-ben. Umgesetzt wird dieser Grundsatz durch die Möglichkeit der zeitlichen Begrenzung und / oder Reduzierung des Unterhaltsbedarfes auf voreheliches Niveau § 1578 b BGB sowie durch eine erwei-terte Erwerbsverpflichtung bei Kindesbetreuung.

Damit ist der lebenslange Ehegattenunterhalt zur absoluten Ausnahme geworden. Unterhalt wird nach der Scheidung in aller Regel nur noch für einige Jahre bezahlt.
I. Ehegattenunterhalt
1. Betreuungsunterhalt – Betreuungsmöglichkeit

Nach § 1570 BGB (verheiratete Paare ) und § 1615 l BGB (nicht verheiratete Paare) kann der das Kind betreuende Ehegatte / Partner von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemein-schaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen.

Das frühere Altersphasenmodell wurde aufgehoben, es galt ohnehin nur für eheliche Partner. Nach dem alten Modell musste eine Teilzeit- oder Halbtagstätigkeit erst aufgenommen werden, wenn das jüngste Kind die 3. Grundschulklasse besuchte, und eine Ganztagstätigkeit erst ab dem 15. Lebensjahr.


Der neue § 1570 BGB wird nicht rigoros angewandt. Es ist nicht so, dass ab dem 3. Geburtstag des Kindes, wenn dieses in den Kindergarten geht, bereits eine Ganztagstätigkeit aufgenommen werden muss.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass es auf die konkreten Verhältnisse des betreuenden Elternteils und des Kindes ankommt. Anstelle eines pauschalen Altersphasenmodells ist die Einzel-fallgerechtigkeit im Vordergrund, was mit erheblicher Rechtsunsicherheit einhergeht.

Die Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung wird in der Regel ab dem 11. bzw. 13. Geburtstag für not-wendig angesehen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes, der die Betreu-ungszeit quasi als Arbeitszeit für ein Kind angesehen hat. Bei vollschichtiger Erwerbstätigkeit würde dies zu einer überobligatorischen Belastung führen, die gesetzlich nicht  gefordert wird (BGH NJW 2008, 2779).

Betreuungsmöglichkeit

Die Arbeitspflicht wird aber nur dann ausgelöst, wenn eine entsprechende Betreuungsmöglichkeit zur Verfügung steht, wobei es sich hier um verlässliche Betreuungsmöglichkeiten handeln muss, also nicht Nachbarschaftshilfe, Großeltern etc.

Verlässliche Betreuungsmöglichkeiten sind: Kindergärten. Kinderkrippen, Kinderhorte, Schulen, Pfle-geeltern, Tagesmutter.

Betreuungskosten sind nach einer aktuellen Entscheidung des BGH (XIIZR 65/07, NJW Spezial 2009, S. 324) nunmehr beim Kindesunterhalt als Mehrbedarf hinzuzusetzen (mit quotenmäßiger Beteiligung beider Elternteile). Sie sind nicht mehr in den Beträgen der Düsseldorfer Tabelle enthalten und sind auch nicht mehr einkommensmindernd beim betreuenden Elternteil vom Einkommen in Abzug zu bringen.
2. Erwerbsobliegenheit

Die zumutbare Erwerbstätigkeit bringt für die Frauen bzw. für den Unterhaltsberechtigten einen we-sentlichen Einschnitt bzw. eine Beweislastumverteilung mit.

Während früher der unterhaltsberechtigte Partner nur auf das Alter der Kinder zu verweisen hatte und darauf, dass er sie betreut, muss der Unterhaltsberechtigte jetzt entweder nachweisen, dass er keine Betreuungsmöglichkeit hat oder dass er keine Arbeitsstelle findet bzw. dass die gefundenen Arbeits-plätze oder Betreuungsmöglichkeiten nicht zumutbar sind.

Im Einzelnen:

Der Unterhaltsberechtigte muss nachweisen (durch Bewerbungsschreiben bzw. Absagen; ca. 20 Stück pro Monat), dass er sich intensiv um einen Arbeitsplatz bemüht hat; sonst wird ihm ein fiktives Einkommen unterstellt, also angerechnet (vgl. die Broschüre des VHTS "Ehegattenunterhalt – Rechtslage").

Zumutbarkeit:

Im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung ist heute jede Erwerbstätigkeit zumutbar, soweit sie dem vorehelichen Niveau entspricht. Die Chefsekretärin, die ihren Manager geheiratet hat, muss also nach ihrer Scheidung wieder als Sekretärin arbeiten. Eine Ausnahme gibt es hier nur bei langjährigen Ehen mit sehr guten Einkommensverhältnissen und wirtschaftlicher Abhängigkeit.
3. Befristung und Begrenzung

Nach der neuen Vorschrift des § 1578 b BGB kann der nacheheliche Unterhalt sowohl zeitlich als auch der Höhe nach begrenzt werden. Die beiden Alternativen sind nebeneinander oder auch einzeln möglich.

Neu ist auch, dass bei allen Unterhaltstatbeständen (früher war dies nur beim Aufstockungsunterhalt möglich) der Unterhalt begrenzt werden kann, also z. B. der Betreuungsunterhalt bzw. Unterhalt we-gen Krankheit.

Nach § 1578 b BGB bist aber immer auf die Belange des Kindes und vor allem auf so genannte ehe-bedingte Nachteile abzustellen. Diese müssen immer berücksichtigt werden.

Die neue Vorschrift ist Ausdruck des Grundsatzes, dass Ehegattenunterhalt nicht mehr die Funktion hat, langfristig den nachehelichen Lebensstandard zu sichern, sondern in erster Linie ein Nachteilsausgleich ist. Für eine Begrenzung und/oder Befristung nicht mehr entscheidend ist die bloße Ehedauer bzw. die Dauer der Kindererziehung. Ist der unterhaltsberechtigte Ehegatte wieder in seinem Beruf tätig und erzielt er ein Einkommen, das er jetzt auch ohne die Ehe erzielen würde, kön-nen in einer vorübergehenden Erwerbslosigkeit während der Ehe keine ehebedingten Nachteile gesehen werden. Der Nachteil, dass dann die eigene Altersversorgung zu kurz gekommen ist, wird in sol-chen Fällen regelmäßig durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen und ist somit von beiden Ehegatten zu tragen.

Zeitliche Begrenzung:

Wenn es keine ehebedingten Nachteile gibt, wäre es nach dem Wortlaut des Gesetzes möglich, nach Rechtskraft der Scheidung den Unterhalt sofort wegfallen zu lassen. Diese Praxis wird aber sogar bei kurzer Ehedauer nicht angewandt. Allerdings besteht die Tendenz, bei einer kurzen Ehedauer (bis drei Jahre) den Unterhalt zeitlich stark zu begrenzen, insbesondere wenn eine lange Trennungs-zeit vorausgegangen ist (vor der Scheidung gibt es keine Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhalts).

Wenn es keine ehebedingten Nachteile gibt, ist im Rahmen der Herabsetzung oder zeitlichen Begren-zung des Unterhalts das Vertrauen des Unterhaltsberechtigten auf die Fortdauer der gelebten Le-bensverhältnisse zu berücksichtigen. Diesen Vertrauenstatbestand ist durch die Einräumung ange-messener Übergangsfristen Rechnung zu tragen, so daß dann etwa noch ein, zwei oder drei Jahre nach der Scheidung Ehegattenunterhalt zu zahlen ist. Hinsichtlich der Bemessung dieser "Überbrü-ckungsfrist" ist die Rechtsprechung noch sehr uneinheitlich.

Tipp: Wenn es um Ehegattenunterhalt nach der Scheidung geht, sollte sich der Unterhaltspflichtige stets darauf berufen, dass er mangels ehebedingter Nachteile des anderen Ehegatten nur zeit-lich und/oder der Höhe nach begrenzt Unterhalt schuldet, und auf eine begrenzte gerichtliche Entscheidung hinwirken. Wenn dies versäumt wird, kann er sich einige Jahre später nicht mehr darauf berufen, dass die Übergangszeit für den nachehelichen Unterhalt verstrichen ist. Eine entsprechende Abänderungsklage wäre aussichtslos.

Es gilt der Grundsatz: Wenn die für eine Begrenzung maßgeblichen Umstände bereits im Schei-dungsverfahren zuverlässig voraussehbar sind, muss sich der Unterhaltspflichtige darauf berufen. Dies gilt insbesondere auch für Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt. Wenn man sich hier nicht über die zeitliche Begrenzung einigen kann, empfiehlt sich z. B. folgende Formulierung:

Der Ehemann zahlt an die Ehefrau einen nachehelichen Unterhalt begrenzt auf einen Zeitraum von 2 / 3 Jahren nach der Ehescheidung. Eventuelle weitere Ansprüche der Ehefrau richten sich nach den dann gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten, wobei jeder Seite vorbehalten bleibt, sich auf die für sie günstigen Umstände zu berufen.

Beispiele aus der Rechtsprechung

kurze Ehedauer:

  • In der Regel 2 –3 Jahre - ca. höchstens ½ Jahr, ggf. auch mit Herabsetzung, Trennungszeit ist zu berücksichtigen.
  • 2 Jahre 8 Monate - nachehelicher Aufstockungsunterhalt vollständig abgelehnt: OLG Hamm 10 UF 107/07
  • 8 - 9 Jahre - keine ehebedingten Nachteile: Zeitliche Begrenzung in der Regel auf 3 Jahre, Tren-nungszeit ist zu berücksichtigen.OLG Frankfurt, NJW 2008, 3440, OLG München, FamRZ 2009, 52;OLG Bremen NJW 2009, 373;OLG Celle, FamRZ 2008, 1949



lange Ehedauer:

  • 25 Jahre - keine ehebedingten Nachteile:
  • Unterhalt befristet auf 10 Jahre (OLG Saarbrücken 9.4.08, Aktenzeichen 9 UF 4/06).
  • 20jährige Ehe - ohne ehebedingte Nachteile: Möglichkeit der Begrenzung und Befristung nicht ausgeschlossen (OLG Brandenburg 8.1.08, Aktenzeichen 9 UF 207/07).
  • 17jährige Ehedauer - keine ehebedingten Nachteile: Begrenzung auf 4 Jahre.
  • Ehedauer von 27 Jahren: Keine zeitliche Befristung aber Begrenzung auf den Bedarf. Ehefrau hat keinen Beruf erlernt und war vor der Ehe Putzfrau (OLG Bremen FamRZ08 1957).
  • Ehedauer 25 Jahre  mit ehebedingten Nachteilen:
  • Begrenzung oder Befristung unzulässig (OLG Köln 10.6.08 Aktenzeichen 4 UF 252/07).
  • Ehedauer 27 Jahre - keine ehebedingten Nachteile: Begrenzung grundsätzlich möglich, aber auf den vorehelichen Lebensstandard, aber nicht unterhalb de Selbstbehalt des jetzt besserverdie-nenden Ehegatten.
  • Bei Altersrente - grundsätzlich keine Befristung oder Herabsetzung mehr
  • OLG Naumburg, FamRZ 2008, 2120


Unterhalt wegen Krankheit:

Nach dem Wortlaut des § 1578b kann der Unterhalt wegen Krankheit zeitlich begrenzt werden, wenn es keine ehebedingten Nachteile gibt. Es gilt aber auch der Grundsatz der nachehelichen Solidarität. In gewissen Fällen kann der Krankheitsunterhalt sogar zeitlich unbegrenzt oder für einen längeren Zeitraum zu zahlen sein.

  • falls ehebedingt, § 1572 BGB - grundsätzlich keine Befristung, aber die ehebedingte Krankheit wird eher die Ausnahme sein (z.B. infolge Geburt oder Schwangerschaft).
  • lange Ehedauer ohne Ehebedingtheit - ablehnend OLG Nürnberg, FamRZ 2008, 1256; befristet auf 6 Jahre und herabgesetzt nach 26 Jahren Ehe einer 60 jährigen (OLG Frankfurt FÜR 2009, 138).
  • kurze bis lange Ehedauer mit minderjährigem Kind - noch 3 Jahre nach Ende des Betreuungsun-terhaltsanspruchs und Eintritt der Krankheit (vgl. die Beispiele in FamRZ 2008, 1449; NJW 2009,449; FamRZ 2008, 1959)


Ausnahme:
Eine zeitliche Befristung des Ehegattenunterhalts auch bei Fehlen ehebedingter Nachteile kommt bei der Betreuung eines minderjährigen Kindes frühestens in Betracht ab Erreichen des 15. Lebensjahres (OLG Brandenburg: vom 7.10.08 ab 10. Lebensjahren, 10 UF 3/08 ) des minderjährigen Kindes. Die meisten Obergerichte wie auch der BGH lehnen aber eine zeitliche Begrenzung mangels Vorhersehbarkeit der Kindesentwicklung ab.

Ausnahme:
Nach dem Wortlaut des Gesetzes ermöglicht die Neufassung des Unterhaltsrecht auch bei einer sehr langen Trennungsdauer eine sofortige Begrenzung ab der Scheidung, denn § 1578 b gilt ab Rechtskraft der Scheidung. Es gilt aber weiter der Grundsatz der nachehelichen Solidarität, aber eben nicht unbegrenzt (siehe Unterhalt wegen Krankheit).


Trennungsunterhalt:

Eine Begrenzung und Herabsetzung während der Trennungszeit entsprechend § 1578 b ist gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen. Es kann hier nur wie früher damit argumentiert werden, dass generell eine Erwerbsobliegenheit besteht.

4. Verfestigte Lebensgemeinschaft – Verwirkung

Neu aufgenommen in das Gesetz wurden in § 1579 Nr. 2 BGB Grundsätze der früheren Rechtsprechung. Danach können bei einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner die Un-terhaltsansprüche zeitlich verwirkt sein. Die Partnerschaft muss in der Regel zwei Jahre wie nach der früheren Rechtsprechung bestehen. Wesentlich für eine "verfestigte Lebensgemeinschaft" ist, dass die gegenseitige Verantwortung für die wirtschaftliche Existenz übernommen wird und auch ein ge-meinsames Wirtschaften vorliegt. Damit sind auch so genannte Wochenendbeziehungen erfasst. Maßgebend ist letztendlich, ob sich der geschiedene Ehepartner mit der neuen Lebensgemeinschaft endgültig aus der ehelichen Solidarität gelöst hat. Es muss nicht notwendig eine Geschlechtsgemein-schaft vorliegen.

Der Anspruch kann nach aber nach der Rechtsprechung wieder aufleben, sobald die verfestigte Le-bensgemeinschaft beendet ist. Neuere Gerichtsentscheidungen zum Wiederaufleben auf der Grund-lage des neuen Unterhaltsrechts 2008 hierzu liegen noch nicht vor. Es dürfte auf den Einzelfall an-kommen. Eine nochmalige Abwägung der beiderseitigen Verhältnisse nach Billigkeitsgesichtspunkten ist durchzuführen.

5. Vereinbarung über nachehelichen Unterhalt - Form

Nach § 1586 c BGB müssen Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt vor dem Notar beur-kundet oder bei Gericht protokolliert werden. Eine privatschriftliche Vereinbarung ist seit dem 1.1.2008 nicht mehr gültig. Früher getroffene, nicht notariell beurkundete Vereinbarungen haben weiterhin Be-stand.

 
II. Rangordnung der Unterhaltsansprüche
1. Die Ränge 1 bis 7

1. Rang:
Minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres (privilegierte Volljährige), solange sie im Haushalt der Eltern leben und sich noch in allgemeiner Schulausbildung befinden.

2. Rang:
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Falle einer Schei-dung wären, sowie Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer;

3. Rang:
Ehegatten, die nicht unter Nr. 2 fallen;

4. Rang:
Kinder, die nicht unter Nr. 1 fallen (= nicht privilegierte Volljährige z. B. Studenten);

5. Rang:
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge;

6. Rang:
Eltern

7. Rang:
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie.

2. Minderung des Ehegattenunterhalts der „Erstfrau“

Entsprechend der geänderten Rangordnung werden nunmehr bei der Berechnung des Ehegattenun-terhalts nicht nur die Kinder berücksichtigt, die vor der Scheidung geboren wurden, sondern auch Kinder, die nach der Scheidung aus einer neuen Partnerschaft hervorgegangen sind. Durch die Be-rücksichtigung dieser Kinder mindert sich der Ehegattenunterhalt!

Neu ist die Beseitigung der bisherigen Privilegierung der ersten Ehefrau gegenüber der zweiten Ehe-frau bzw. der Mutter eines nichtehelichen Kindes. Betreuen die erste und die zweite Ehefrau bzw. die nichtverheiratete Mutter Kinder oder ist eine Ehefrau wegen einer langen Ehedauer (über 15 Jahre) besonders schutzwürdig, haben ihre Unterhaltsansprüche den gleichen Rang. Der Unterhaltsan-spruch der ersten Ehefrau kann sich also durch die Geburt weiterer Kinder aus einer neuen Partner-schaft oder Ehe des Unterhaltspflichtigen reduzieren.

Der Unterhalt wird nach der Additionsmethode berechnet. Es gilt bei zwei Unterhaltsberechtigten der Dreiteilungsgrundsatz.

3. Berechnungsbeispiel bei zwei unterhaltsberechtigten Frauen

Ehemann M. bezieht ein Erwerbseinkommen von 2.000,- € (nach Abzug der Kindesunterhaltsbeträ-ge), seine 1. Ehefrau von 1.000,- € und seine 2. Ehefrau (bzw. Mutter des nichtehelichen Kindes) von 500,- €. Sowohl Ehefrau 1 als auch Ehefrau 2 bzw. Mutter des nichtehelichen Kindes betreuen Kinder von M.

Nach Abzug des Kindesunterhalts und des jeweiligen Erwerbsbonus von 10 % verbleibt folgendes Einsatzeinkommen:

beim Ehemann:    2.000,- € ./. 200,- € = 1.800,- €

bei Ehefrau Nr. 1:    1.000,- € ./. 100,- € = 900,- €

bei Ehefrau Nr. 2:       500,- € ./. 50,- €  =  450,- €

Der Gesamtbedarf Ehemann und Ehefrau 1 und 2 beträgt

1.800,- € + 900,- € + 450,- € =    3.150,- €

Nach dem Grundsatz der Dreiteilung betragen die Bedarfsbeträge:

Ehemann:       3.150,- € :3 = 1.050,- €

Ehefrau Nr. 1: 3.150,- € :3 = 1.050,- €

Ehefrau Nr. 2: 3.150,- € :3 = 1.050,- €

Unterhaltsbeträge nach Abzug des Eigeneinkommens:

Ehefrau Nr. 1 1.050,- € ./. 900,- € = 150,- €

Insgesamt hat Ehefrau Nr. 1 zur Verfügung:
Einkommen 1.000,- € + Unterhalt 150,- € = 1.150,- €

Ehefrau Nr. 2 1.050,- € ./. 450,- € = 600,- €

Insgesamt hat Ehefrau Nr. 2 zur Verfügung:
Einkommen 500,- € + 600,- €=    1.100,- €

Dem Ehemann bleiben 2.000,- € ./. Unterhalt Ehefrau Nr. 1: 150,- € ./. Unterhalt Ehefrau 2:   € 600,- € =  1.250,- €

Ersparnis durch das Zusammenleben
Der Bedarf der allein lebenden ersten Ehefrau ist höher als der Bedarf der Haushaltsgemeinschaft zwischen der zweiten Frau und dem Unterhaltsschuldner. Im Rahmen der Unterhaltsberechnung ist der Bedarf der ersten Ehefrau um 10 % zu erhöhen und der Bedarf des zusammenlebenden Partners um 5 % zu ermäßigen (s. Gerhard/Gutdeutsch FamRZ 2007, S.778; Gutdeutsch FamRZ 2006, S. 1072).

Erwerbseinkommen Ehemann: 3.000,- €

Ehefrau 1 und Ehefrau 2 ohne Einkommen, Ehemann und Ehefrau 2 leben zusammen.

Nach Abzug des Erwerbsbonus von 10 % verbleiben dem Ehemann    3.000,- € ./. 300,- € = 2.700,- €

Einzelbedarfsbeträge:
2.700,- € : 3 = € 900,- für Ehemann, Ehefrau 1 und Ehefrau 2.

Der Bedarf der Ehefrau 1 erhöht sich um 10 %     900,- € + 90,- €
erhöhter Bedarf: 990,- €


Entsprechend mindern sich der Bedarf des Ehemanns und der Ehefrau 2:

Ehemann 900,- € ./. 45,- € = 855,- €

Ehefrau 2 900,- €
./. Vorteil durch Zusammenleben 5 %  = 45,- €
= 855,- €

Dem Ehemann bleiben     3.000,- €
./. Unterhalt Ehefrau Nr. 1        990,- €
= 2.010,- €


./. Unterhalt Ehefrau Nr. 2        855,-€
= 1.155,-€

Nach den Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht (Ziff. 24.2.2. gilt: „Lebt ein Ehegatte mit dem Pflichtigen zusammen, ist mit Rücksicht auf die Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung in der Regel ein Ausgleich zugunsten des anderen Ehegatten in der Weise vorzu-nehmen, dass sich ein Verhältnis von 4:3,3:2,7 ergibt bzw. dann, wenn der Unterhaltspflichtige nicht erwerbstätig ist, von 3,6:3,6:2,8.

4. Änderungen beim Kindesunterhalt

Der Mindestkindesunterhalt wird wieder eingeführt und damit auch die hälftige Verrechnung des Kindergeldes, gleich welcher Einkommensgruppe der Pflichtige angehört ( § 1612 a BGB ). Die Bedarfs-sätze werden alle 2 Jahre in der Düsseldorfer Tabelle neu ermittelt (aktuell 1.1.2010).

Für ein Kind bis zum 5. Lebensjahr beträgt der Mindestunterhalt nach § 1612d BGB nach Abzug des hälftigen Kindergeldes    229,- €

6-11 Jahre (Abzug von 92,- €  Kindergeld)        272,- €
12-17 Jahre (Abzug von 92,-  €  Kindergeld)    334,- €
ab 18 Jahre (Abzug von 184,- € Kindergeld)    304,- €

Kindergeldverrechnung
Bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts wird nicht mehr der Tabellenbetrag nach der Düsseldorfer Tabelle für den Kindesunterhalt abgezogen, sondern nur der tatsächliche Zahlbetrag (siehe Süd. LL/Anhang Tabelle Zahlbeträge).

Für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz gelten nach §5ff Lebenspartnerschaftsgesetz die Vorschriften für den nachehelichen Ehegattenunterhalt entsprechend.

5. Übergangsvorschriften Altfälle

Nach Artikel 36 EG ZPO können auch ältere Titel (Urteile, Vergleiche, notarielle Vereinbarungen) abgeändert werden, wenn die neuen Unterhaltsrechtlichen Vorschriften zu einer wesentlichen Ände-rung der Unterhaltsverpflichtung führen und die Änderung dem andern Beteiligten unter besonderer Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Die Abänderung muss sich dabei nicht auf neue Tatsachen gründen, sondern kann sich allein auf die neue Rechtslage stützen.

Es ist jedoch darauf zu achten, dass sich aus der Vereinbarung eindeutig ergeben muss, dass es sich hier um Änderungen bezüglich Unterhaltsverpflichtung handelt. Sind in Gesamtpaketen Abfindungen oder Gesamtvereinbarungen vereinbart, die keinen Rückschluss auf die Vergleichsgrundlage lassen (Unterhaltsrecht), können diese Vereinbarungen nicht abgeändert werden.

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