Ehegattenunterhalt - Dreiteilungsmethode verfassungswidrig

Erstellt von Rechtsanwalt Alexander Graf von Luxburg | | Aktuelle Beiträge

In seiner Entscheidung vom 25.01.2011 (Az: 1 BvR 918/10) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die bei Zweitehen für die Berechnung des Unterhalts angewandte Dreiteilungsmethode für verfassungswidrig erklärt und dem Bundesgerichtshof (BGH) vorgeworfen, er habe sich mit seiner Rechtsprechung über das Gesetz hinweggesetzt und gesetzgeberische Kompetenzen angemaßt.

Gemäß § 1578 BGB sind Maßstab für den Unterhaltsbedarf nach der Ehescheidung die ehelichen Lebensverhältnisse. Diese Vorschrift gewährleistet dem geschiedenen Ehegatten die Beibehaltung des "ehelichen Lebensstandards". Änderungen der Verhältnisse nach der Scheidung sind zu berücksichtigen, soweit sie in der Ehe angelegt waren.

Durch die Neuregelung des Unterhaltsrechts ab 01.01.2008 wurde für den Mangelfall die Rangfolge neu geregelt: "Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: 1. minderjährige Kinder, 2. Elternteile die minderjährige Kinder betreuen oder geschiedene Ehegatten bei langer Ehedauer".

Daraus ergibt sich, dass im Mangelfall unter Umständen zwei Ehegatten gleichberechtigt sein können, z. B. die Ehefrau bei langer Ehe und die zweite Frau, die vom Unterhaltspflichtigen ein kleines Kind hat.

Über das Gesetz hinaus, welches den Mangelfall regelt, hat der BGH eine umfassende Dreiteilungsmethode entwickelt und die zweite Ehefrau stets mit einbezogen. Der Unterhalt der ersten Frau wurde in der Praxis regelmäßig reduziert, wenn die zweite Frau nur ein niedriges Einkommen hatte. Der BGH hat insoweit den Begriff der "wandelbaren ehelichen Lebensverhältnisse" geprägt. Das BVerfG weist darauf hin, dass eine Wiederverheiratung in keinem Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen steht und deshalb keine Auswirkung auf den Lebensstandard haben darf.

Bei der Unterhaltsreform 2008 hat der Gesetzgeber allerdings den "eheangemessenen" Ehegattenunterhalt, also die Gewährleistung des ehelichen Lebensstandards im Regelfall gemäß § 1578 b BGB zeitlich begrenzt. Die Gerichte handhaben dies so, dass diese Lebensstandardgarantie für etwa 1/3 bis 1/4 der Ehedauer gewährleistet wird. Danach ist in der Regel Schluss mit dem Ehegattenunterhalt, es sei denn die geschiedene Ehefrau hat ehebedingte Nachteile.

Die Dreiteilungsmethode des BGH verletzt also laut BVerfG das Gesetz und unterminiert die Lebensstandardgarantie.

Hinzu kommt, dass das Einkommen des Unterhaltspflichtigen und der beiden Ehefrauen in einen Topf geworfen wird. Bei der ersten Frau wird desto weniger gekürzt, je mehr die Zweitfrau verdient. Der Unterhalt der Zweitfrau ist desto höher, je höher das Einkommen der Erstfrau ist. Als nach der Neuregelung im Jahr 2008 deutlich wurde, dass in Zukunft tatsächlich die Dreiteilungsmethode bei den Unterhaltsfällen zu berücksichtigen ist, bekamen die meisten Rechtsanwälte "Bauchschmerzen" und konnten es nicht glauben, dass dies die neue Rechtsprechung des BGH werden könnte.

Die Entscheidung des BVerfG lässt also diverse Entscheidungen der Gerichte seit 2008 Makulatur werden.

Soweit in den letzten Jahren eine gerichtliche Regelung des laufenden Unterhalts nach der Dreiteilungsmethode getroffen worden ist, ist  für die Benachteiligten ein Abänderungsrecht gegeben.

Bis zum 01.01.2008 waren die zweite Ehefrau , die sogenannte "Zweitfrau", und ihre Kinder unterhaltsrechtlich stets nachrangig. Seit 01.01.2008 sind die Kinder stets vorrangig. Die erste Frau muss also seitdem stets eine Kürzung des Unterhalts hinnehmen, wenn die Leistungsfähigkeit des geschiedenen Ehemannes wegen Unterhalts für weitere Kinder zurückgeht.

Für die zweite Ehefrau gilt jetzt wieder wie bis zum 01.01.2008 der Grundsatz: Sie hat einen Mann geheiratet, von dem sie wusste, dass er mit der "Hypothek" von Unterhaltszahlungen an die erste Ehefrau belastet ist. Betreut sie kleine Kinder, bleibt sie nach wie vor im Mangelfall mit der ersten Frau gleichrangig. Liegt kein Mangelfall vor, ist Grundlage ihres Unterhaltsanspruchs das Einkommen, dass dem Ehemann nach Bezahlung des Unterhalts an die minderjährigen Kinder und die erste Ehefrau verbleibt. Ihr Unterhaltsanspruch ist also deutlich bescheidener als der der ersten Ehefrau.

Die erste Ehefrau kann nach der Halbteilungsmethode maximal die Hälfte des Einkommens des Ehemannes als Unterhalt beanspruchen. Die zweite Frau kann maximal ein Viertel beanspruchen.

 

An einem Beispiel soll gezeigt werden, wie sich die Änderung der Rechtsprechung auswirkt:

Der Ehemann hat ein Nettoeinkommen von 6.000,00 € und ist unterhaltspflichtig für je ein Kind aus je beiden Ehen. Die erste Ehefrau verdient 1.000,00 € netto, die zweite 400,00 €. Dann ergeben sich folgende Unterhaltsansprüche:

BGH bisherige Rechtsprechung

Unterhalt  1. Frau                                     1.011,00 €
Unterhalt  2. Frau                                     1.558,00 €
Rest für Ehemann                                    1.866,00 €

BVerf G neu

Unterhalt 1. Frau                                     1.773,00 €
Unterhalt 2. Frau                                     1.143,00 €
Rest für Mann                                          1.485,00 €

Entschärft ist die gesamte Problematik im Verhältnis Erst- zu Zweitfrau jedoch in erheblichem Maße dadurch, dass die Unterhaltsansprüche in der Regel zeitlich begrenzt und durch die Verpflichtung zur Aufnahme einer Berufstätigkeit trotz Betreuung kleiner Kinder stark eingeschränkt sind.

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