Leseempfehlung

"Intelligente Scheidung"

Tipps zum Erhalt gemeinsamer Vermögenswerte

Einene wichtigen Beitrag zum sinnvollen Umgang mit dem Vermögen bei Trennung und Scheidung von Rechtsanwalt Harro Graf von Luxburg finden Sie hier:

Einführung

Trennung vom Partner und Ehescheidung bedeutet nicht zwingend, dass das gemeinsame Vermögen der Ehegatten getrennt bzw. aufgeteilt werden muss. Neben dem Vermögen, das jeder Ehegatte als eigenes Vermögen hat, gibt es in manchen Ehen gemeinsames Vermögen.

Durch die Ehe als solche entsteht nach deutschem Recht kein gemeinsames Vermögen, sondern jeder Ehegatte hat sein eigenes Vermögen. Voraussetzung dafür, dass gemeinsames Vermögen entsteht, sind entsprechende Verträge, in denen beide Ehegatten gemeinsame Vermögenswerte erwerben.

Beispiele: Beide Ehegatten kaufen gemeinsam ein Haus und werden gemeinsam als Eigentümer im Grundbuch eingetragen oder: beide Ehegatten betreiben gemeinsam eine Arztpraxis oder ein Unternehmen.

Kommt es bei Trennung und Scheidung zum Streit oder gar zu einem Rosenkrieg, besteht die Gefahr, dass das gemeinsame Vermögen beeinträchtigt bzw. teilweise oder ganz vernichtet wird.

Anders als sonst im Wirtschaftsleben spielen unter Eheleuten emotionale Mo-mente eine ganz besondere Rolle. Enttäuschungen über das Scheitern der Lebensplanung, Verletzungen im Zusammenhang mit der Trennung können zu destruktiven Anwandlungen führen.

Die Psychologen sagen dazu: ,,Diese Emotionen müssen ernst genommen und verarbeitet werden, aber bitte schön beim Psychotherapeuten, in einer Scheidungsberatungsstelle, gegebenenfalls medikamentös beim Arzt, nicht aber durch Streit auf rechtlichem oder wirtschaftlichem Gebiet".

Bei den rechtlichen Auseinandersetzungen ist es der Scheidungsanwalt, von dessen Vorgehensweise und Geschick es abhängt, ob am Ende wirtschaftlich vernünftige Lösungen herauskommen, mit denen die betroffenen Ehegatten bzw. die betroffene Familie klar kommen. Es können Emotionen auftreten wie: "Der andere Ehegatte, - meist der Mann - soll bluten bis ans Ende seines Lebens" oder "der andere Ehegatte, - häufig die Frau - sieht keinen Pfennig".

Bevor solche Emotionen in eine juristische Strategie umgesetzt werden, sollten die Betroffenen den Rat befolgen: "Fragen Sie Ihren Arzt oder Steuerberater". Der Arzt kann dabei helfen, gesundheitliche Schäden abzuwenden, die durch intensive streitige Auseinandersetzungen hervorgerufen werden können. Der Steuerberater kennt die wirtschaftliche Situation des Ehepaares über viele Jahre hinweg und kann dazu beitragen, dass Einkommen und Vermögen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden.

Jeder der von Trennung und Scheidung betroffen ist, sollte alles tun, um selbst "Herr des Verfahrens" zu bleiben und nicht Spielball von Rechtsanwälten und Richtern zu werden. Ein Richter kann letztlich nur das anordnen, was das Gesetz ihm als Rechtsfolge ermöglicht. Für außergerichtliche Verhandlungen und Lösungen gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Durch eine Paketlösung, in der verschiedene Elemente und Gesichtspunkte aufeinander abgestimmt sind, lassen sich dagegen individuelle Lösungen finden, die für die konkrete wirtschaftliche Situation des Ehepaares bzw. der Familie viel besser passen als Gerichtsbeschlüsse.

Demgemäß ist es wichtig, dem Rechtsanwalt oder den Rechtsanwälten beider Ehegatten ausdrücklich den Auftrag zu erteilen, auf wirtschaftlich sinnvolle und vernünftige Lösungen hin zu arbeiten und diese Arbeit aktiv zu begleiten.

Es gibt auch das Modell, das wir "aktive Anwaltsmediation" nennen. In diesem Fall erhält ein Rechtsanwalt von beiden Ehegatten den Auftrag, gemeinsam mit ihnen eine Vereinbarung auszuarbeiten.

Seit 1992 fördert der "Verein Humane Trennung und Scheidung" mit dem Sitz in München (www.vhts-muenchen.de) und Berlin (www.vhts.de) einvernehmliche Konfliktlösungen. In einem derartigen Mediationsverfahren haben beide Ehegatten Gelegenheit, ihre Standpunkte und Interessen darzulegen. Bei der aktiven Mediation macht der Anwaltsmediator eigene Schlichtungsvorschläge.

Anders als beim Projekt "Stuttgart 21", bei dem die Streitparteien auf eine einvernehmliche Regelung hoffen, die am Ende allen Beteiligten dient, ist die Lösung der Interessensgegensätze und Konflikte zwischen Ehegatten bei weitem nicht so komplex. Die damit verbundenen Rechtsfragen und wirtschaftlichen Probleme sind in der Regel so geartet, dass die beteiligten Ehegatten selbst aktiv mitwirken könnten.

Dabei ist es wichtig, dass die Ehegatten sich von irrigen Vorstellungen verabschieden und eine gewisse Sachkunde zueignen (Literaturhinweis: Harro Graf von Luxburg, "Trennung und Scheidung einvernehmlich gestalten - Rechtslage und Vereinbarungen",  4. Auflage 2010, Bundesanzeiger Verlag sowie Bro-schüren des Vereins "Humane Trennung und Scheidung").

Vermögen bei der Scheidung beisammenhalten
oder auseinandersetzen

Vielfach besteht die Vorstellung, gemeinsames Vermögen müsste im Rahmen von Trennung und Scheidung auseinandergesetzt werden. Auseinandersetzung bedeutet in der Regel Verkauf an Dritte und Aufteilung des Erlöses oder Verkauf an einen Ehegatten gegen Wertausgleich.

1. Gemeinsame Immobilien

Es kann eine Reihe von Gründen geben, weshalb es sinnvoll ist, das Eigentum an gemeinsamen Immobilien weiter gemeinsam zu behalten.

1.1 Fremdfinanzierte Immobilien in den neuen Bundesländern
Die aus steuerlichen Gründen dort erworbenen Immobilien sind vielfach zu 100 % fremdfinanziert. Bei einem Verkauf würden Schulden übrig bleiben. Bei der Übertragung von einem Ehegatten auf den anderen wird die Bank einer Haftungsentlassung des Übertragenden in der Regel nicht zustimmen; ja es droht sogar die Gefahr, dass die Bank eine Neubewertung der Immobilie vornimmt und weitere Sicherheiten verlangt.  Hier ist oft die einzige Lösung, eine Anzahl von Jahren abzuwarten, bis dahin die Steuervorteile (Verluste aus Vermietung und Verpachtung) auszuschöpfen und die Immobilie erst dann zu veräußern, wenn ein Überschuss bleibt.

1.2 Regionale Marktsituation
Auch wenn die Konjunktur wieder anspringt, wirkt sich das bisher auf den Im-mobilienmarkt in vielen Teilen Deutschlands noch wenig aus. Wenn sich die Ehegatten aufgrund einer entsprechenden Beratung darauf einigen, den Verkauf auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, können sie sich gegebenenfalls vor Vermögensverlusten schützen.

1.3 Vererben an die Kinder
Viele Ehepaare sind Eigentümer von Immobilien oder sonstigem Vermögen. Häufig ist der Streit darüber, wer welche Immobilie oder welchen Geldbetrag bekommt, völlig überflüssig. Dies sind die Fälle, in denen die Ehegatten sich letztlich darüber einig sind: Unsere Immobilie bzw. unser Vermögen erhalten unsere gemeinsamen Kinder.

Wenn beide Ehegatten dieses gemeinsame Interesse am Wohl ihrer Kinder in den Vordergrund stellen, ist die Voraussetzung dafür gegeben, dass konstruktiv gedacht und verhandelt wird sowie Aufwand und Kosten für die Vermögensauseinandersetzung vermieden werden. Dann sind bindende erbvertragliche Regelungen notwendig, wonach das in der Ehezeit geschaffene Immobilienvermögen im Erbfall auf die gemeinsamen Kinder übergeht.

1.4 Übertragung an die Kinder
Eine weitere Möglichkeit ist, Immobilienvermögen bereits zu Lebzeiten auf gemeinsame Kinder zu übertragen. Dies kommt natürlich nur in Betracht, wenn den Eltern dann noch genügend eigenes Vermögen verbleibt, um ihre weitere Lebensgestaltung oder ihren Lebensabend zu sichern.

1.5 Verzicht auf Auseinandersetzung
Eine weitere Fallgruppe ist folgende: Ein Ehegatte will in der gemeinsamen Immobilie wohnen bleiben, z.B. um den Kindern das zu Hause zu erhalten, bis sie ausziehen. In solchen Fällen wird vereinbart, dass beide Ehegatten auf das Recht des Verkaufs bzw. einer evtl. Teilungsversteigerung für einen Zeitraum von mehreren Jahren verzichten und dass erst dann die gemeinsame Immobilie auseinandergesetzt wird.

2. Paketlösungen

Wie erwähnt, sind derartige Vereinbarungen häufig Bestandteil einer sogenannten Paketlösung. Weitere wichtige Bestandteile solcher Vereinbarungen sind:

  • Nachehelicher Ehegattenunterhalt, insbesondere Unterhaltsabfindungen,
  • Zugewinnausgleich,
  • Versorgungsausgleich, um Nachteile zu vermeiden

Vor dem Gang zum Notar empfiehlt es sich, den Steuerberater der Familie zu konsultieren. Dabei geht es darum, Steuervorteile zu erhalten oder zu generieren, z.B. für eine Abfindungszahlung gegen den Verzicht auf die Betriebsrente beim Versorgungsausgleich oder bei einer Unterhaltsabfindung. Es kann auch darum gehen, steuerliche Nachteile zu vermeiden, insbesondere die Spekulationssteuer bei der Übereignung an den anderen Ehegatten oder einem Verkauf von vermieteten Immobilien vor dem Ablauf von 10 Jahren!

Wird das gemeinsame Eigentum an Immobilien behalten, ist es sinnvoll, Vereinbarungen darüber zu treffen, wie Nutzen und Lasten getragen bzw. wie die Immobilien verwaltet werden.

3. Gemeinsame Firmen

Es drohen Vermögensverluste und Vermögensschäden, wenn beide Ehegatten Mitinhaber bzw. Gesellschafter gemeinsamer Firmen sind. Auch hier bedeuten Trennung und Scheidung keineswegs, dass eine Aufteilung des Firmenvermögens erfolgt.

3.1 Kapitalgesellschaften
Bei Kapitalgesellschaften, insbesondere bei einer GmbH kann es diverse Gründe geben, weshalb beide Ehegatten auch nach der Scheidung weiterhin Gesellschafter bleiben.

Stärker als bei Immobilien ist hier die Fähigkeit zur Kooperation und zum gemeinsamen Handeln im Interesse der Gesellschaft gefordert. Die Erfahrung zeigt, dass es Ehegatten gibt, die auf der beruflichen und fachlichen Ebene sehr gut kooperieren, nicht aber als Ehepaar zusammen leben können.

Häufig ist allerdings ein Ehegatte nur Gesellschafter, ohne selbst Geschäftsführer oder aktiv tätig zu sein. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, wenn er seinen Gesellschaftsanteil behält und weiterhin an den Gewinnen des Unternehmens beteiligt ist. Auch hier ist daran zu denken, Geschäftsanteile zu Leb-zeiten auf die gemeinsamen Kinder zu übertragen oder erbvertraglich den gemeinsamen Kindern zuzuwenden.

3.2 Gemeinsame Praxis
Bei Personengesellschaften wie einer Arztpraxis oder Anwaltskanzlei, in der beide Ehegatten aktiv arbeiten, dürfte es am schwierigsten sein, eine Aufteilung der Gesellschaft zu vermeiden. Ob trotz Trennung und Scheidung noch ein kooperatives Zusammenwirken möglich ist, wird von Fall zu Fall zu klären sein. Hier ist rechtzeitige Unterstützung durch Rechtsanwälte und Steuerberater ganz besonders notwendig, um wirtschaftliche Nachteile für die Praxis zu vermeiden.

Im Rahmen einer Paketlösung kann z. B. vereinbart werden, dass ein Ehegatte aus dem Unternehmen ausscheidet und dafür eine finanzielle Entschädigung erhält oder dass die Praxis getrennt wird und jeder seine Klienten mitnimmt.

4. Einbringung des Vermögens in eine Vermögensverwaltungsgesellschaft
Der Vollständigkeit halber soll darauf hingewiesen werden, dass bei größeren und komplexen Vermögen nicht zuletzt im Hinblick auf die Übertragung an die nächste Generation die Vermögenswerte in eine Vermögensverwaltungs GmbH oder eine entsprechende BGB-Gesellschaft eingebracht werden können. Auch in diesen Fällen erübrigt sich eine Vermögensauseinandersetzung.

5. Intelligente Scheidung

Wenn von "intelligenter Scheidung" die Rede ist, ist dies eine Scheidung, bei der die Vernunft maßgebend ist. Dabei müssen die Interessen beider Ehegatten angemessen und fair berücksichtigt werden. Unterstützung durch Dritte, Steuerberater, einen oder zwei Rechtsanwälte sind notwendig.

Wichtig ist, rechtzeitig Lösungen zu erarbeiten, solange die persönlichen Beziehungen noch enger sind. Intelligente Scheidungen sind somit auch humane Scheidungen. Vernunft und Humanität als Maßstäbe des Verhaltens, nicht nur bei Trennung und Scheidung führen in der Regel zu den besten und langfristig tragfähigen Lösungen.

Mein persönliches Anliegen als "Scheidungsanwalt" ist es, durch Unterstützung des "Vereins Humane Trennung und Scheidung", den ich 1992 gegründet habe, sowie durch Veröffentlichungen für diese Form der Scheidungsphilosophie einzutreten und damit einen Beitrag zur Verbesserung der Scheidungskultur in unserem Lande zu leisten.


Harro Graf von Luxburg

Rechtsanwalt


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